Durchsuchungen bei Konvertiten
Von Markus Wehner, Berlin
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"Verlockender Angriff"
26. September 2009 Angesichts massiver Drohungen von Al Qaida und Taliban, im Umfeld der Bundestagswahl einen Anschlag zu verüben, geht die Polizei verstärkt gegen militante islamistische Kreise vor. So wurde vor vier Tagen eine Aktion gegen eine Gruppe deutscher muslimischer Konvertiten durchgeführt. Sie werden verdächtigt, für ein islamistisches Zentrum im Jemen zu werben, das enge Kontakte zur Terrororganisation Al Qaida unterhalten soll. Im Zuge der Aktion wurden 19 Wohnungen in fünf Bundesländern durchsucht. Dies erfuhr die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ aus Sicherheitskreisen. Die Ermittlungen leitet die Staatsanwaltschaft München. Anders als geplant, wurde die Presse nicht über die Aktion informiert.
Bei dem Hauptverdächtigen handelt es sich um den Deutschen Alexander F. aus dem südbayerischen Weilheim. Er soll sich 15 Jahre im Ausland aufgehalten haben, so in Bosnien, in Sudan und im Jemen. Zusammen mit zwei deutschen radikalen Islamisten aus dem südbadischen Freiburg, die beide seit langem im Jemen leben, soll F. deutsche Konvertiten und andere Muslime aus Deutschland für einen Besuch der Koranschule angeworben haben. Neben vier Wohnungen in Südbayern durchsuchten Beamte Wohnungen in Stuttgart, Köln, Bonn, Düsseldorf, Wiesbaden, Darmstadt, Eschborn und in Eckernförde bei Kiel.
Koranschule vermutlich auch militärisches Ausbildungslager
Im hessischen Eschborn führte ein Sondereinsatzkommando (SEK) der Polizei die Durchsuchung durch, da sie befürchtete, dass der dort lebende mutmaßliche Islamist bewaffnet sei. Mehrere Personen, deren Wohnungen durchsucht wurden, sollen enge Verbindungen zu einem der Kofferbomber von Köln gehabt haben. Bei ihnen handelte es sich um mutmaßliche Islamisten, die an einem Studium an der Koranschule im Jemen Interesse gezeigt hatten. Zu Festnahmen kam es nicht.
Bei dem islamistischen Zentrum im Jemen handelt es sich nach Angaben der Sicherheitskreise um die Sprach- und Koranschule Dar-ul-Hadith in Dammaj, die im jemenitischen Bürgerkriegsgebiet liegt. Es wird vermutet, dass militärische Ausbildungslager an die Schule angeschlossen sind. So sollen sechs Gefangene aus Guantánamo ausgesagt haben, dass sie vom Leiter der Schule nach Afghanistan geschickt wurden; vier von ihnen sollen als Leibwächter bei Al-Qaida-Chef Usama Bin Ladin gearbeitet haben. Nach Angaben der Sicherheitskreise halten sich derzeit zahlreiche Konvertiten aus Europa und den Vereinigten Staaten in der Koranschule auf. Darunter sollen zehn Muslime aus Deutschland sein, unter ihnen sechs deutsche Konvertiten. Weitaus höher soll die Zahl der Franzosen, Engländer und Amerikaner an der Koranschule sein. Es gebe erhebliche
Verdachtsmomente, dass mehrere ausländische Besucher der Schule sich dem Dschihad in Afghanistan angeschlossen hätten.
Zum Thema
In den Sicherheitsbehörden ist angesichts der großen Zahl von Drohvideos die Sorge groß, dass es im Umfeld der Wahl zu einem Anschlag kommen könnte. So sind in den vergangenen zwei Wochen sieben Videos militanter islamistischer Gruppen im Internet aufgetaucht, die sich gegen Deutschland richten. Am Freitag war zunächst ein Video von Al-Qaida-Chef Usama Bin Ladin bekanntgeworden, dessen arabische Botschaft mit deutschen Untertiteln unterlegt ist. Kurz darauf wurde ein Drohvideo der Taliban bekannt. Bei dem dortigen Sprecher solle es sich um den amerikanischen Bürger Abu Ibrahim Amriki handeln, berichtet das auf islamistische Internetseiten spezialisierte Unternehmen IntelCenter am Samstag. In dem Video spricht der maskierte Mann deutsch. Ein Angriff auf Deutschland sei „verlockend“, heißt es darin.
Text: F.A.Z.